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Schulsystem in Indien

Das indische Bildungssystem ist das zweitgrößte der Welt. Ähnlich wie in Deutschland ist seine Ausgestaltung Sache der einzelnen Bundesstaaten. Zwar ist die Schulpflicht explizit in die indische Verfassung aufgenommen worden, doch haben noch nicht alle Staaten diese Vorgabe auch umgesetzt.
Das Schulwesen und seine Struktur sind auch heute noch stark von der früheren britischen Kolonialmacht geprägt, wie man nicht nur an den allerorten anzutreffenden Kindern in feinen Schuluniformen erkennen kann: Nach zwölf Jahren wird ein Schulabschluss erreicht, der einen Hochschulzugang ermöglicht. Zuvor durchläuft ein indischer Schüler die zehnjährige Grund- und Sekundarschulausbildung. Die Grundschule kann in Indien unentgeltlich vom sechsten bis zum elften Lebensjahr besucht werden. Ihr folgt folgen die Hauptschule und die zweijährige Sekundärschule, welche eine Spezialisierung in verschiedene Richtungen – etwa Wirtschafts- oder Naturwissenschaften ermöglicht.
[ad]Vom Ansatz her verfügt Indien also über ein funktionierendes klar strukturiertes Schulsystem. Welche Schulbildung die Kinder und Jugendlichen genießen können und dürfen, hängt oftmals allerdings grundlegend von ihrer Kastenzugehörigkeit und damit auch oft der sozialen Stellung der Eltern, dem heimischen Bundesstaat (Schüler-Lehrer-Relation in Gujarat 1:79 im indischen Schnitt 1:49) und dem Geschlecht ab. Auch bei den Abbrecherquoten lassen sich hohe regionale Unterschiede ausmachen. So verlassen in Bihar sage und schreibe 69 % der Kinder die Schule nach der 5. Klasse, in Kerala dagegen 0 %.

All diese Gründe führen unter anderem zu einem der wohl augenscheinlichsten Unterschiede zum deutschen Schulwesen: dem boomenden Privatschulsektor in Indien. Staatliche Schulen gelten – wie beschrieben oft zu Recht – als Schulen zweiter Klasse. So schicken Familien der Mittel- und Oberklasse Ihre Kinder lieber auf Privatschulen, deren Unterrichtsmethoden, Ausstattung, Lehrerausbildung, Schüler-Lehrer-Relation etc. den staatlichen weit überlegen sind und der darüber hinaus oft englischen Unterrichtssprache, eine deutlich bessere Perspektive für die berufliche Zukunft bieten.
In Deutschland gelten Privatschulen als elitär, teuer und dem Gedanken der sozialen Gerechtigkeit zuwiderlaufend. Aufgrund der religiösen Prägung der indischen Gesellschaft, mit seinem starren Kastenwesen, ist dieser Gedanke in Indien weniger ausgeprägt – eine schwache soziale Stellung wird oft als gegeben hingenommen. So verstärken sich die sozialen Unterschiede immer mehr, Angehörige der unteren Schichten fallen bereits während ihrer Schulausbildung immer weiter zurück.

Um diesem Trend zumindest entgegenzutreten hat die Kongress-Partei ein Programm gestartet, welches vorsieht, die Bildungsausgaben sowohl der Zentralregierung als auch die der Bundesstaaten, stufenweise von derzeit 3 auf 6 % des Bruttoinlandsproduktes zu steigern. So stiegen die Aufwendungen der Regierung in Delhi für den Bildungsbereich 2008/2009 um 20 % gegenüber dem Vorjahreszeitraum. Den Worten scheinen also Taten zu folgen. Allerdings fanden 2009 in Indien Parlamentswahlen statt – es bleibt also zu hoffen, dass es sich nicht nur um ein wahlkampfpolitisches Strohfeuer gehandelt hat.

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