Für viele Reisende, die nach Indien kommen, sind nicht nur die Sehenswürdigkeiten von besonderem Interesse, sondern vor allem die spirituellen Traditionen dieses Landes, die eine besondere Anziehungskraft haben. Auf der Suche nach Erleuchtung kommen jedes Jahr Tausende von Menschen nach Indien, um ihre Zeit in einem Aschram zu verbringen. Ein Aschram ist ein Meditationszentrum und bedeutet übersetzt „Ort der Anstrengung“. Der Begriff hängt mit dem Hinduismus zusammen, in dem vier Lebensstadien zum Erlangen der Erleuchtung beschrieben sind. Das sind: der Brahmacarin (Schüler), der Grihastha (Haushalter), der Vanaprastha (sich in die Waldeinsamkeit Zurückziehender) und der Sannyasin (die Erleuchtung Suchender).
Der Ort, an den ein Hindu sich in der dritten Lebensstadie zurückzieht, um sich mit Hilfe der spirituellen Praktiken weiterzuentwickeln, wird Aschram genannt. Die Zeit, die ein Hindu in einem Aschram verbringt, dient dazu, sich ins spirituelle Leben zu vertiefen und einem spirituellen Meister zu begegnen. Auch die Suchenden aus dem Westen sind im Aschram willkommen und können dort auch beliebig lange bleiben. Aschrams bieten Möglichkeiten der spirituellen Praxis, die einem helfen, seinen Geist zu beruhigen und aktiv zu steuern, um ein erfülltes Leben in Harmonie mit sich selbst und dem Kosmos zu führen. Dazu dienen verschiedene Meditations-, Yoga- und Atemtechniken sowie Begegnung mit einem Guru, wie man den spirituellen Leiter und den Führer eines Aschrams bezeichnet. Neben dem Guru gibt es in Aschram
auch Yogis, die Hilfestellungen anbieten, Gebete sprechen, Mantras rezitieren, Bhajans singen und Vorträge halten.
In der spirituellen Atmosphäre eines Aschrams erfährt man ein besonderes Gemeinschaftserlebnis. Im weltweit bekannten „Art of Living“ Aschram des indischen Guru Sri Sri Ravi Shankar finden Tausende Menschen Platz für gemeinsames Meditieren. Es sind jedoch nicht nur die dort angebotenen Programme, die den Aschram berühmt machen. „Art of Living“ leistet weltweit humanitäre Dienste und realisiert unterschiedliche Hilfsprojekte. Der Guru Sri Sri Ravi Shankar wurde für sein Engagement vom indischen Präsidenten ausgezeichnet.
Außer Guru Aschrams gibt es auch andere Aschram-Arten. Die von Mahatma Gandhi und seinen Schülern gegründeten Aschrams gehören zu sozialorientierten Aschrams, die hauptsächlich soziale Werke betreiben. Die Lehraschrams haben ihren Schwerpunkt auf dem Studium verschiedener Fächer und sind mit mittelalterlichen Universitäten vergleichbar. Hier kann man ayurvedische Medizin, Literatur, Architektur, Astronomie, Astrologie, Yoga, Sanskrit und Schriften studieren. In den Gurukula Aschrams, die eine Art Internat für Kinder und Jugendliche sind, wird meist eine Kombination aus weltlichen Bildung und spiritueller Schulung angeboten.